Die Angst vor unserer Sinnlichkeit – und warum es so wichtig ist, uns mit ihr zu beschäftigen

Die Angst vor unserer Sinnlichkeit – und warum es so wichtig ist, uns mit ihr zu beschäftigen

Inhaltshinweis: In diesem Artikel schreibe ich über eine Erfahrung mit sexueller Belästigung, Falls es Dir mit diesem Thema aktuell nicht gut gehen sollte, kann es ratsam sein, Dir den Artikel zu merken (z.B. auf Pinterest) und das Lesen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Achte gut auf Dich.

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Die Angst vor unserer Sinnlichkeit – und warum es so wichtig ist, uns mit ihr zu beschäftigen

Ich erinnere mich noch genau an den Moment. An das Gefühl der Schockstarre, als mein Professor plötzlich seinen Arm um mich legte und seine Hand über meine Hüfte auf meinen Po runterwandern ließ.

Schockstarre. Ekel. Scham.

Eingefroren. Kein Wort kam aus mir raus.

Das ist jetzt bald 10 Jahre her. In der Folge gab es noch einige anzügliche Kommentare und Anmerkungen von seiner Seite, vielleicht gab es auch noch einen weiteren körperlichen Übergriff der Art, daran erinnere ich mich aber nicht mehr so genau.

„Mehr“ ist nicht passiert. (Bekloppte Formulierung, daher die Anführungszeichen… als wäre das, was passiert ist, nicht schon mehr als genug und viel zu viel!)

Ich hatte wahnsinnige Angst davor, mich von ihm abzugrenzen, weil meine Abschlussarbeit kurz bevor stand und ich nicht so easy zu einer/einem anderen Prüfer*in hätte wechseln können.

(Dachte ich damals – aus heutiger Perspektive hätte ich das locker tun können.)

Ich habe mich in der psychosozialen Beratungsstelle der Uni beraten lassen und dabei stellte sich heraus, dass „mein“ Prof bei weitem kein Unbekannter in Sachen sexueller Belästigung war. Über die Jahre hatten sich schon einige Studentinnen nach ähnlichen Belästigungen durch ihn an die Beratungsstelle gewandt.

Für seine Übergriffe in irgendeiner Weise zur Verantwortung gezogen wurde er meines Wissens nach nie. Auch nicht von mir.

Ich habe damals, nach Abwägung der Optionen, die verbleibenden Monate als Hiwi und Studentin inklusive Bachelorarbeit bei dem Prof durchgezogen und bin äußerlich relativ unbeschadet aus der Sache rausgekommen.

Innerlich hat es mich nach Abschluss meines Studiums einige Zeit gekostet, die Übergriffe und die dadurch verursachten Gefühle und Emotionen wie das Gefühl der Ohnmacht und Entwürdigung, Scham und Wut zu prozessieren – und somit zu heilen.

10 Jahre fast forward: 2020

Heute bin ich so sehr zuhause und glücklich in meinem Körper wie nie zuvor.

Was das mit dem Thema „sexuelle Belästigung“ zu tun hat, wird sich Dir (hoffentlich) im Laufe des Artikels zeigen.

Aber erstmal zurück zu meiner Körper-Lovestory:

Nachdem ich im Frühjahr 2016 die Therapie meiner Angsterkrankung erfolgreich abgeschlossen hatte (mehr über diesen Prozess kannst Du in meinem Buch „Durch die Jobkrise zu mir selbst“ lesen), ging mein Heilungs- und Bewusstseinsweg auf vielen Ebenen und in vielen kleineren und größeren Prozessen weiter.

Und er hat natürlich bis heute nicht aufgehört. Nachdem wir erwacht sind, sind wir meiner Wahrnehmung nach für immer auf diesem Weg – bis wir unseren Körper verlassen.

Eine wichtige Ebene meines Weges war und ist dabei die Beziehung zu meinem Körper, meinem heiligen Tempel, der es mir ermöglicht, hier auf der Erde zu sein und dieses wundervolle, aufregende Leben zu leben.

Ich hatte die längste Zeit meines Lebens kein liebevolles Verhältnis zu meinem Körper, fühlte mich schon vor Beginn der Pubertät „zu dick“, habe die ganze, leider sehr „klassische“ weibliche Körper-Hass-Story mit Diäten, sportlicher Selbstkasteiung etc. durch.

Das begann erst 2016, sich wirklich nachhaltig zu ändern. (Schau auch gerne mal zu diesem themenverwandten Artikel: Die Angst vor unserer Fülle.)

Rückblickend sehe ich: Es MUSSTE sich ändern.

Es musste sich ändern, weil ich in meine volle Kraft kommen und mein wahres Potential entfalten wollte.

Ich bin heute überzeugt davon, dass wir als Frauen auf unserem Weg der Selbstermächtigung, auf dem Weg der Potentialentfaltung, auf dem Weg in unsere wahre weibliche Kraft, nicht drum herum kommen, uns mit unserer Beziehung zu unserem Körper, unserer Körperlichkeit und unserer Sinnlichkeit auseinanderzusetzen.

Wenn wir wahrlich erfüllt leben möchten, müssen wir uns mit unserer authentischen Körperlichkeit verbinden

Wir können kein wahrlich ermächtigtes, erfülltes Leben auf dieser Erde führen, solange wir unseren Körper (oder Teile davon) ablehnen oder versuchen, unsere authentische Körperlichkeit und Sinnlichkeit zu unterdrücken.

Ich schreibe authentisch hier fett, weil es durchaus gar nicht so wenige von uns gibt, die sich in einem von außen aufgedrückten, patriarchal geprägtem Bild von Körperlichkeit und Sinnlichkeit irgendwie eingerichtet haben.

Aber wirklich mit ihrer ganz einzigartigen, natürlichen Körperlichkeit und Sinnlichkeit verbunden sind bisher noch die wenigsten von uns. Auch für mich ist es eine zyklisch ablaufende „Work in progress“.

Das Göttliche ist im Irdischen!

Ein machtvolles, kraftvolles, seelenvolles, erfülltes, spirituell gut angebundenes Leben leben wir nicht, indem wir das Geistige glorifizieren, uns übermäßig darauf ausrichten und die körperliche Ebene unserer Existenz vernachlässigen, abwerten oder verdrängen.

(Letzteres ist übrigens eine klassische, toxisch-maskuline und patriarchale Haltung, die wir aus der Kirche kennen: Die „fleischliche Lust“ wird hierin als Sünde bezeichnet, das Transzendieren des Körperlichen gilt als hohes Ziel.)

Nicht durch das Abspalten unseres Bewusstseins nach „oben“ verwirklichen wir unser Potential und manifestieren wir das erfüllte, kreative Leben, für das wir hierhergekommen sind.

Das Gegenteil ist der Fall.

In Wahrheit kommen wir genau dann immer weiter in unsere einzigartige Kraft, wenn wir es schaffen und zulassen können, dass unser höchstes Selbst, die ganz feinen und hochschwingenden, ewigen Anteile unseres Seins – vielleicht nennst Du es auch Deine Seele oder Deine Essenz – immer weiter in unseren Körper und unser ganz irdisches Sein integriert werden.

Wenn wir zulassen können, dass das Licht unserer Seele jede einzelne Zelle in uns durchflutet.

Dass immer höherdimensionale Versionen unseres Selbst, feiner schwingende Frequenzen, sich in unseren irdischen 3D-Körper integrieren.

Damit das passieren kann, müssen wir meiner Meinung nach an irgendeiner (oder in der Regel: an mehreren) Stelle auf unserem Weg bewusst JA sagen. Ja zu unserem Körper, zum Verkörpertsein. Ja dazu, wirklich hier auf dieser Erde zu sein.

JA dazu, unseren Körper als Verbündete und Geliebte anzunehmen und ihn nicht als Feind zu sehen, den es zu besiegen gilt.

Ja zur tiefen Freude an der Körperlichkeit.

Was ist Sinnlichkeit?

Eine herausfordernde Komponente auf diesem Weg ist, dass viele von uns – bewusst oder unbewusst – regelrecht Angst vor unserer Körperlichkeit und unserer Sinnlichkeit haben.

Mit Sinnlichkeit meine ich hier sowohl die umgangssprachliche Gleichsetzung mit „Erotik“ als auch die wortwörtliche Bedeutung von Sinnlichkeit: das erfahren des Lebens durch unsere Sinnesorgane. Schmecken, Riechen, Hören, Sehen, Tasten.

Beide sind letztendlich sowieso nicht voneinander trennbar.

Uns voll und ganz als verkörperte Wesen anzunehmen, zu lieben, auszudrücken, zu genießen ist also meiner Meinung nach ein essentieller Bestandteil unserer Selbstermächtigung.

(Dabei ist es essentiell wichtig, unsere Sinnlichkeit, unsere Erotik & Sexualität, unsere Körperlichkeit, unseren kreativen Ausdruck und sinnlichen Genuss von patriarchalen Bildern zu befreien – dazu findest Du in diesem Video weiterführende Impulse!)

Unsere Angst vor unserer Körperlichkeit und Sinnlichkeit steht also unserem wahrhaft erfüllten, ermächtigten Leben auf dieser Erde im Weg.

Aber warum haben wir Angst davor?

Warum haben wir Angst vor unserer Sinnlichkeit?

Es ist eine vielschichtige Thematik, aber ich komme mal direkt auf den Punkt:

Als Frauen wissen wir (mindestens unbewusst), dass unsere Sinnlichkeit (unsere Körperlichkeit, unsere Erotik) unser körperliches und emotionales Wohl in Gefahr bringen kann.

In Wahrheit ist es natürlich nicht unsere Körperlichkeit, die uns in Gefahr bringt, sondern gelebte toxische Männlichkeit.

Ohne dass es uns jemand gesagt haben muss und ohne dass wir zwingend sexuelle Belästigung oder Gewalt am eigenen Leib erfahren haben müssen, wissen wir, dass unser Körper potentiell Begierden weckt. Lust weckt.

Daran ist ja generell nichts falsch. Körperliche Lust und Begierde gehören (für die meisten von uns) so sehr zum Menschsein dazu und können unglaublich liebevoll, achtsam, respektvoll, beglückend und erhebend ausgelebt werden.

Doch wir wissen auch, dass wir immer noch in einer Kultur leben, in der es nicht unüblich ist, dass Männer ihren Begierden und ihrer Lust auch gegen das Einverständnis einer Frau nachgehen; in klaren Worten: Dass Männer Frauen sexuell belästigen und vergewaltigen.

(Anmerkung: Mir ist bewusst, dass wir nicht in einer binären Welt der Geschlechter leben. Aber ich schreibe diesen Text aus meiner persönlichen Perspektive und Erfahrung heraus – und damit aus der Perspektive einer heterosexuellen Cis-Frau.)

Wir wissen all das. Jede von uns weiß es (ohne sich zwangsweise bewusst damit auseinandersetzen zu müssen).

Viele von uns haben es auch schon am eigenen Leib erfahren, wie ich damals mit dem Professor in der Uni und in unzähligen weiteren „kleineren“ Erfahrungen mit sexueller Belästigung, meistens in der Form von Catcalling.

Es ist kollektives Wissen im weiblichen Feld.

Es ist durch die Erfahrungen unzähliger Ahninnen bereits in unsere Zellen eingeschrieben, bevor wir überhaupt geboren werden.

Es ist eine jahrtausendealte, immer wieder reproduzierte Wahrheit, an deren Veränderung wir als Kollektiv nun langsam endlich arbeiten – und noch viel zu tun haben:

Sinnliche Weiblichkeit ist gefährlich (für uns)

In einem weiblichen Körper zu leben, ist potentiell gefährlich.

Völlig verkörpert, präsent und sinnlich in einem weiblichen Körper zu leben, ist potentiell noch gefährlicher.

(Aka fühlt sich für viele von uns noch bedrohlicher an, auch wenn es letztendlich völlig egal ist, wie sinnlich wir leben und uns zeigen – das Risiko, sexualisierte Gewalt zu erfahren, sinkt in Wirklichkeit nicht, wenn wir unsere Körper und unsere Sinnlichkeit verstecken/verdrängen.)

Aus diesem Grund haben viele von uns – bewusst oder unbewusst – Angst davor, ganz und gar in ihrem Körper zu sein. Angst davor, unsere Körperlichkeit und Sinnlichkeit ungehemmt zu leben und zu erfahren.

Und es ist jetzt für viele und immer mehr von uns an der Zeit, uns diese Angst und diese Wunden anzuschauen – um sie behutsam, in unserem ganz individuellen Tempo, zu heilen und so weiter in unsere einzigartige weibliche Kraft in diesem Leben zu gehen und unser wahres Potential zu entfalten.

Wunden heilen – für unser Glück

Wie dieser Heilungsprozess und eine wahrlich liebevolle und authentische Beziehung zu unserem Körper und unserer Sinnlichkeit aussehen, ist total individuell und vielschichtig. Es gibt da keine Pauschallösung.

Eins ist für mich aber sicher: Wenn wir ein wahrhaftig erfülltes Leben führen wollen, kommen wir um diesen Prozess nicht herum. Unsere Körperlichkeit und unsere Sinnlichkeit anzunehmen, gehört zu einem ganz und gar präsenten Leben auf dieser Erde dazu.

Und ja, der Prozess kann Angst machen.

Viele von uns haben so vieles abgespalten, haben kaum einen Zugang zu ihrer authentischen Sinnlichkeit.

Wir kommen mit so viel Scham, Selbstabwertung und so viel (kollektiver und/oder persönlicher) Erinnerung an Gewalt und Übergriffigkeit in Kontakt.

Aber wenn wir uns trauen, all das, was uns hemmt, zu konfrontieren und zu prozessieren – dann kommen wir auch tiefer mit unserer femininen Essenz in Kontakt; intensiver als wir es je zuvor erfahren haben.

Es ist jetzt die Zeit, diese unsichtbaren Fesseln abzulegen, und uns voll und ganz zu erfahren. Auf dieser Erde. In diesem Körper.

Wir wurden geboren, um unsere Körperlichkeit zu genießen.

Es ist jetzt die Zeit.

Ich durfte für Dich einen wundervollen meditativen Audio Guide mit Energieübertragungen kreieren: Sinnlichkeit & Körperliebe. Entdecke ihn hier und erlaube Dir, (noch tiefer) in Deinen irdischen Genuss einzutauchen.

In den nächsten Monaten wirst Du weitere körperbezogene Impulse hier auf dem Blog finden, so meine Seele will. (Sie ist so wild – ich weiß nie so genau, was als nächstes kommt!)

Nun geh, und genieße Dich, schöne Seele… schöner Mensch… schöne Frau!

Namaste.

Für den nächsten Schritt in Deine weibliche Kraft nutze meine exklusive E-Mail-Serie „Weiblich, kraftvoll, einfach Du!“. Hier erfährst Du mehr darüber.

Beitrags- und Pinbild: Romina Farias via unsplash.com

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Die Angst vor unserer Sinnlichkeit – und warum es so wichtig ist, uns mit ihr zu beschäftigen

Über die Autorin

Suzanne: Suzanne ist Achtsamkeitslehrerin & spirituelle (Business- ) Mentorin.

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